Abschied von gestern
«Komm mit», sagte der Hahn, «etwas Besseres als den Tod finden wir allemal.» Damit ist der Abschied verabschiedet. Die Richtung für die Veränderung gesetzt. Mit der Hoffnung darauf, dass sich der goldene Käfig der Gewohnheiten von innen öffnen lässt. Abschiede sind selten ehrlich mit mir. Ich noch weniger mit ihnen. Weil ich mich immer wieder selbst belüge, wenn ich vorgebe zu begreifen, was Abschiede für mein Leben bedeuten. Abschiede lassen mich erahnen, dass ich in diesem Leben nirgendwo ankommen werde. Es ist der Kopf, der denkt, dass wenigstens ein Sinn im Abschied erkennbar wird. Doch, was ist der Sinn des Weltalls? Was ist der Sinn einer Rosenblüte oder einer Fliege?
Die Furcht vor dem unerfüllten Abschied nährt sich aus der stillen Ahnung einer unwiderruflichen Endlichkeit. Gedanken und Bilder fluten plötzlich ein Leben, in dem das Wort Hoffnung nicht mehr vorkommt. Manchmal gelingt ein Abschied ohne Lüge oder Verklärung und wird so zu einem Impuls für einen Anfang, mit dem sich neues Leben eröffnen kann. Wenn die offenen Wunden der Feigheit mich nicht mehr beschämen, verlieren sich die Unterscheidungen zwischen Abschied und Ankunft. Es geht dann darum, mich im verlorenen Blick des Anderen selbst zu erkennen. (...) Aus dem Buch: "Dem Leben die Lügen zurückgeben."

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